Entwicklung des sozialverantwortlichen Handelns mit und für eine mehrsprachige und interkulturelle Gesellschaft

Einleitung

In diesem Modul werden Konzepte und Methoden vorgestellt. Diese bewirken ein Hervorbringen aktivistischer Maßnahmen, die als Akteure des Wandels das Leben in der Gemeinschaft verändern können. Das Modul bietet einen allgemeinen Überblick, was eine Anwendung in jedem spezifischen Kontext ermöglicht. Dabei liegt der Schwerpunkt stets auf Aspekten, die in Zusammenhang zu Interkulturalität und Mehrsprachigkeit stehen. Das Modul besteht aus drei Einheiten: Einheit 1 mit dem Titel ,Definition von Interkulturalität und Mehrsprachigkeit aus Perspektive des sozialverantwortlichen Handelns‘, Einheit 2: ,Leitlinien für die Gestaltung von sozialverantwortlichem  Handeln‘ und Einheit 3: ,Fallstudie‘.

Dieses Modul deckt ein breites Spektrum an Themen ab, die dem grundlegenden Ziel des BOLD-Projekts dienen, das sozialverantwortliche Handeln aus einer mehrsprachigen und interkulturellen Perspektive heraus zu fördern. Im Einzelnen wird in der ersten Einheit dieses Moduls das Konzept der Interkulturalität in demokratischen Gesellschaften aus einer kritischen Perspektive heraus betrachtet. Die zweite Einheit legt Kriterien dar, die berücksichtigt werden sollten, um Interkulturalität und Mehrsprachigkeit in aktivistische Maßnahmen zu integrieren. In der dritten Einheit wird eine neue integrative Methodik für die Gestaltung von Maßnahmen vorgestellt, die auf den zuvor beschriebenen Konzepten basiert. Alle Einheiten beinhalten Aktivitäten zur Reflexion und zur Diskussion.

Dieses Modul verfolgt das Ziel, Merkmale der Interkulturalität und Mehrsprachigkeit in die Gestaltung sozialverantwortlicher Maßnahmen zu integrieren. Das Endergebnis besteht darin, Vorraussetzungen für einen neuen Ansatz des sozialverantwortlichen Handelns durch das Prisma der interkulturellen Praxis zu schaffen.

Ana Ruiz-Sánchez and Manuel Alcántara-Plá

(Universidad Autónoma de Madrid)

Nach Abschluss dieses Moduls werden die Teilnehmenden in der Lage sein:

  • Den Einfluss und die Bedeutung, die interkulturellen Ansätzen zukommt, zu verstehen;
  • Den Wert eines respektvollen interkulturellen Aktivismus‘ für demokratische Gesellschaften zu identifizieren;
  • Die Komplexität dessen zu verstehen, sozialverantwortliches Handeln in mehrsprachigen und multikulturellen Kontexten zu definieren;
  • Über eine grundlegende methodologische Kompetenz in Bezug auf interkulturelles sozialverantwortliches Handeln zu verfügen.

Die Zielgruppen dieses Moduls stimmen vollständig mit denen des BOLD Projekts überein. Insbesondere:

  • Lehramtsstudierende an Hochschulen: dieses Modul leistet einen kritischen Beitrag zum Aufbau der Fähigkeiten der Lehramtsstudierenden zu einer gesellschaftlichen Veränderung beizutragen, indem sie einen respektvollen interkulturellen und mehrsprachigen Aktivismus fördern. In einem multikulturellen Umfeld werden Bottom-Up-Maßnahmen parallel zu den Lehrplänen als notwendig erachtet, um den sozialen Zusammenhalt zu wahren und die demokratischen Werte in mehrsprachigen und interkulturellen Kontexten zu stärken.
  • Verbände der Zivilgesellschaft: dieses Modul bietet Mitgliedern der Zivilgesellschaft einen kritischen Blick auf Themen im Zusammenhang mit interkulturellen Ansätzen sowie auf verschiedene Methoden und Werte für deren Umsetzung im sozialen Aktivismus.

Das Modul besteht aus drei Einheiten:

  • Einheit 1. Mittels einer aktivierenden Methodik stellt diese Einheit einen theoretischen Rahmen vor, der in einen kritischen Ansatz in Bezug auf interkulturelles und mehrsprachiges sozialverantwortliches Handeln einführt.
  • Einheit 2. Diese Einheit legt den Fokus auf Fragen im Zusammenhang mit den Grundsätzen für die Gestaltung sozialverantwortlicher Maßnahmen aus einer interkulturellen Perspektive.
  • Einheit 3. In dieser Einheit wird eine Methodik für die Gestaltung und Bewertung von sozialverantwortlichen Maßnahmen in einem mehrsprachigen und interkulturellen Kontext vorgestellt. Das Ziel der Einheit besteht darin, mit den wichtigsten Schritten der Aktionsplanung vertraut zu werden und grundlegende Fähigkeiten zur Identifizierung und Gestaltung von Strategien für Veränderungen im interkulturellen sozialen Aktivismus zu entwickeln.

8 Stunden.

Die zentralen Materialen des Moduls sind auf eine Vielzahl von Quellen gestützt:

  • Studien, Berichte, akademische Arbeiten angesehener Autor*innen und nationalen sowie internationalen Organisationen, die sich mit interkulturellen Ansätzen für sozialverantwortliches Handeln befassen;
  • Infografiken und Videovorträge, die Erklärungen bieten;
  • Material, das von internationalen Organisationen, NGOs und Hochschuleinrichtungen über deren offizielle Website bereitgestellt wird.

Einheit 1: Mehrsprachigkeit und Interkulturalität aus einer aktivistischen Perspektive

Mehrsprachigkeit und Interkulturalität sind zwei grundlegende Konzepte für die Gestaltung demokratischer Gesellschaften. In dieser Einheit werden wir uns mit dem Konzept der Interkulturalität befassen, indem wir die Beziehung zwischen Sprache und Kultur analysieren. Zudem werden wir die verschiedenen Weltanschauungen und Vorstellungen, die dem Konzept der Interkulturalität zugrunde liegen, einer kritischen Betrachtungsweise unterziehen.

Einheit 1.1. Mehrsprachigkeit und Interkulturalität verstehen

Wie das Konzept der Mehrsprachigkeit, mit dem wir uns in den Modulen E und _ befasst haben, ist auch der Begriff Interkulturalität bereits in diesem Lehrgang erschienen. Um nur ein Beispiel anzuführen: In Modul E. Crowfunding for multilingual and intercultural purposes, haben wir Beispiele für Kampagnen zur Förderung von Interkulturalität und Mehrsprachigkeit betrachtet. Der Begriff wird heutzutage überaus häufig gebraucht:

  • Interkulturelle Städte
  • Interkulturelle Kompetenzen
  • Interkulturelles Taining
  • Interkulturelle Kommunikation
  • Interkulturelle Mediation
  • Interkulturelle Gestaltung
  • Interkulturelle Citizenship
  • Interkulturelle Anhänger*innen
  • Interkultureller Geist
  • Interkulturelle Führung
  • Interkulturelles Management
  • Interkulturelle Beziehungen
  • Interkulturelle Interaktionen
  • Interkulturelle Höflichkeit
  • Interkultureller Konstitutionalismus
  • Interkultureller Raum

Eine derartige Fülle von Begriffen führt zu der Erkenntnis, dass wir unter dem Konzept der Interkulturalität eine große Vielfalt von Ansätzen fassen können. Das theoretische Ziel dieser Einheit besteht darin, diese zu reflektieren und unser Verständnis der Werte, auf denen sie basieren, zu vertiefen. Auf diese Weise können wir sicherzustellen, dass die von uns konzipierten sozialverantwortlichen Handlungen nicht nur demokratische Werte fördern, sondern, dass ihnen selbst Interkulturalität und Mehrsprachigkeit inhärent sein werden.

Eine derart ambivalente Verwendung der Begriffe interkulturell und Interkulturalität führt dazu, dass sie zu ausgehöhlten Signifikaten werden, d.h. zu häufig gebrauchten Begriffen, hinter denen sehr unterschiedliche Werte stehen und die ihre konkrete Bedeutung in Abhängigkeit von den Personen und Kontexten, in denen sie verwendet werden, und anderen Begriffen, die sie syntaktisch begleiten, konstruiert. Dies verschafft ihnen eine hohe hermeneutische Komplexität, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Die folgenden Beobachtungen werden uns helfen, sie zu analysieren:

1) Die Verwendung von Interkulturalität und interkulturell: Wir finden einen Gebrauch als Substantiv- womit wir Interkulturalität als Konzept meinen- oder als qualifizierendes Adjektiv. Wie wir gesehen haben, erscheint der Begriff in Kombination mit unterschiedlichsten Begriffen und stattet verschiedene Realitäten mit Werten aus. Es kann sich hierbei um sowohl positive als auch um negative Werte handeln und die Wahrnehmung des Begriffes ist ihm nicht selbst inhärent, sondern von dem ideologischen Wert/ den ideologischen Werten, den die/ der Sprechende ihr beimisst, abhängig.

Aktivität

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen zwei Plakate für Veranstaltungen in der Stadt Santander    (Spanien), die von der Stadtverwaltung gefördert werden. Zwischen diesen beiden Veranstaltungen liegen zehn Jahre.

  • Welche Werte verbindet diese Einrichtung mit dem Begriff „interkulturell“?
  • Hat sich das Konzept der Interkulturalität Ihrer Ansicht nach im Laufe der Jahre weiterentwickelt?
  • Bestehen ähnliche Erfahrungen in Ihrem Umfeld? Finden Sie Ausdrücke, in denen der Begriff „interkulturell“ erscheint und versuchen Sie, seine Bedeutung zu erklären, indem Sie die Begriffe und die Bilder, die mit ihm in Verbindung stehen, analysieren.

Denkanstoß

Der Europarat definiert interkulturelle Integration als „a policy framework for achieving cohesion, equality and development in culturally diverse societies”, also einen politischen Rahmen, der den sozialen  Zusammenhalt, die Gleichheit und die Entwicklung innnerhalb kulturell diverser Gesellschaften sichern soll. Denken Sie, dass eine interkulturelle Messe die interkulturelle Integration fördert?

Einige Kernpunkte

Wenn wir die Techniken der kritischen Diskursanalyse einsetzten (mehr über dieses Analyseverfahren erfahren Sie hier), können wir bei einer aufmerksamen Betrachtung beider Plakate die Elemente erkennen, mit denen das Konzept der Interkulturalität anfangs in Verbindung gesetzt wurde und die über die Jahre bestehen blieben sind. Außerdem finden wir Elemente, die zu einer Weiterentwicklung des Konzepts geführt haben. Der Ausgangswert bei der Analyse des ersten Plakats besteht in der starken Assoziation zwischen dem Konzept der Interkulturalität und dem Festlichen sowie dem Positiven. Dies zeigt sich insbesondere in der wiederholten Verwendung des Begriffs Festival sowohl auf dem Plakat als auch in den Hashtags der sozialen Netzwerke; die Begriffsverwendung ist wiederkehrend und verstärkt somit die Assoziation. Die Stadt wird zudem als ein geschlossener Raum konzipiert, der für die Vielfalt der Kulturen offen ist, wobei dieser Vielfalt das Territorium der „Welt“, d.h. des Planeten zusteht. Offenheit, Vielfalt und die Welt erzeugen ebenfalls positive Assoziationen. Die fröhlichen Farben des Plakats unterstreichen diese Beobachtung.

Dem zweiten Plakat ist eine eindeutige Entwicklung zu entnehmen. Es bewirbt dieselbe Art der Veranstaltung, jedoch hat sich der Veranstaltungsrahmen deutlich geändert. Das Adjektiv „intercultural“, das auf dem ersten Plakat derart deutlich zu erkennen war, wurde in das Hauptlogo verlagert. Das Plakat behält den festlichen Akzent bei, jedoch treten zwei Begriffe stark in den Vordergrund, die mit ihm in Verbindung gesetzt werden. Erstens der Begriff der Nation und zweitens verschiedene kommerzielle Begriffe (z.B. Global Market, Gastronomie und Cocktails).

Beide Plakate setzten das Konzept der Interkulturalität mit dem Begriff der Nation in Verbindung. Auf dem ersten Plakat erscheint der Begriff auf sehr subtile Weise: Er war in zwei der drei Hashtags zu finden, wobei den Begriffen interkulturell und Kultur die größte Relevanz zukam. Zehn Jahre später wird die Veranstaltung vorrangig als ein Markt der Nationen aufgefasst, was sich deutlich in dem Bild widerspiegelt, das die Grenze zwischen den Konzepten Wohnung, Gated Community oder Geflüchtetenlager aufhebt. Diese Priorisierung des Begriffs der Nation wird problematisiert, indem er im Hashtag unten links mit der Prävention von Rassismus assoziiert wird: „[Q]ue el racismo no te cale“ („Lass dich vom Rassismus nicht kriegen“). Außerdem ist eine zunehmende Kommerzialisierung von Kultur erkennbar: Auf der rechten Seite sind die geplanten verschiedenen kommerziellen Aktivitäten aufgeführt: Gastronomie, Cocktailbar, Markt, Musik, die von Adjektiven begleitet werden, die eine scheinbare Ähnlichkeit zum Begriff der Interkulturalität aufweisen: international, global, World. Interessant ist zudem die Vielzahl der englischen Begriffe. Abschließend wird mit dem Slogan #sienteelmundo (#feeltheworld) der rationale Teil von Kultur in den Hintergrund gerückt, sodass das emotionale Erleben bedeutsam wird.

2) Interkulturell und Interkulturalität werden dadurch definiert, dass sie in einem gegebenen Kontext gemeinsam mit anderen ähnlichen Begriffen auftreten. In diesem Fall würde die am häufigsten auftretende Begriffskombination mit multikulturell und Mulitkulturalismus gebildet werden. Eine Definition der Begriffe interkulturell und Interkulturalität ist ebenfalls möglich, wenn man sie zu möglichen Gegensätzen in Beziehung setzt, z.B. Assimilation. Jede Verwendung hat unterschiedliche Auswirkungen im Hinblick auf die Konzeption der Citizenship und seiner Verbindung zu Kulturen. Der Tabelle in Abb. 3 ist zu entnehmen, welche Implikationen aus den jeweiligen Begriffen im Hinblick auf Menschenrechte hervorgehen, wobei angenommen wird, dass in ihrer Verwendung Abweichungen möglich sind.

Die Tabelle zeigt eine Matrix zu Steuerungsmaßnahmen der Einwanderung, in der die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und die Bürgerrechte sowie die Entwicklung der Gemeinschaft und des sozialen Zusammenhalts in Verbindung zu den politischen Strategien gesetzt werden, Gastarbeiter*innen zu beschäftigen sowie Assimilation, Multikulturalismus und Interkulturalismus zu betreiben.
Abb. 3. Quelle: Manual de competencias interculturales aplicadas al desarrollo de proyectos en la Administración Pública (2020)

Aktivität

In der vorherigen Aktivität haben wir Sie gebeten, Ausdrücke zu finden, in denen der Begriff interkulturell in Ihrem Umfeld verwendet wird. Einige von ihnen stehen in Zusammenhang mit Migrationskontexten. Wir schlagen nun  folgende Aktivitäten vor:

  1. Schauen Sie sich die oberste Zeile der Tabelle an, hier ist die Art der jeweiligen Rechte angegeben. Finden Sie Beispiele für jede dieser Arten von Recht (z.B. umfassen die wirtschaftlichen Rechte der Europäischen Union das Recht auf gerechte Bezahlung für geleistete Arbeit sowie das Streikrecht).
  2. Schauen Sie sich nun die linke Spalte an, in der die verschiedenen Modelle zur Steuerung der Migration oder des Umgangs mit der Minderheitenbevölkerung aufgeführt sind. Welches Modell ist Ihrer Meinung nach in Ihrem Land am weitesten verbreitet?
  3. Welchem Modell würde die Verwendung des Begriffs interkulturell auf den Werbeplakaten für die oben aufgeführten Veranstaltungen entsprechen?
  4. Reflektieren Sie den Sprachgebrauch. Würde die Bezeichnung der Veranstaltung als ein „Multikulturelles Festival“ oder als ein „Assimilationsfestival“ im Sinne des politischen Marketings dieselbe Wirkung erzeugen?

Einige Kernpunkte

Oftmals wird die Zielsetzung dieser Art von „Messen der Nationen“ institutionell festgelegt und besteht in einer angestrebten Förderung von Toleranz als Tugend in diversen Kontexten. Dies wäre das Hauptanliegen im Falle der obengenannten Stadtverwaltung. Die UNESCO definiert Toleranz folgendermaßen:

Toleranz bedeutet Respekt, Akzeptanz und Anerkennung der Kulturen unserer Welt, unserer Ausdrucksformen und Gestaltungsweisen unseres Menschseins in all ihrem Reichtum und ihrer Vielfalt. Gefördert wird sie durch Wissen, Offenheit, Kommunikation und durch die Freiheit des Denkens, der Gewissensentscheidung und des Glaubens.

Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass Toleranz einen recht konsensfähigen Wert in demokratischen Gesellschaften darstellt. Der Rechtsdiskurs gestaltet sich jedoch weitaus komplexer und erreicht nicht immer denselben Grad des Konsenses, der nötig ist, um eine inklusive, solidarische, gerechte und friedliche Gesellschaft aufzubauen. Die Förderung der Interkulturalität im kommunalen Rahmen, wie in dem untersuchten Fall, sollte eine Ausweitung der Bürgerrechte ungeachtet der Kultur nach sich ziehen.

  • Die dem Begriff der Kultur zugrundeliegende Konzeption: Die Konzeptionen von „Kultur“ unterscheiden sich je nach Sprecher*in und je nach Kontext. Diese Abweichungen können in Abhängigkeit von anthropologischen und politischen Standpunkten stark voneinander abweichen. Diese zeigt, dass wir jeden Begriffsgebrauch kritisch analysieren müssen.

Aktivität

Mit welchen Begriffen assoziieren Sie üblicherweise den Begriff „interkulturell“? Sind es dieselben, die in Ihrem Umfeld (Familie, Gemeinde, Politik) mit ihnen verbunden werden?

Aktivität

Häufig wird “interkulturell” in unserem Umfeld auch mit dem Konzept der „Nation“ assoziiert. Wissen Sie, woher die Idee einer Nation als monokulturelle Entität stammt? Stimmen Sie mit den traditionellen Assoziationen von Sprache, Kultur und Nation überein? Glauben Sie, dass sie die Denkweise Ihres Umfeldes beeinflussen?

Einheit 1.2. Das Wechselspiel zwischen den Konzepten der Nation, Sprache, Kultur und Interkulturalität.

Wir müssen auf die Geschichte blicken, um die Assoziation zwischen Nationen, Sprachen und Kulturen zu verstehen.  Wir empfehlen Ihnen, den Artikel des Historikers José Andrés Gallego des Spanischen Nationalen Forschungsrats zu lesen, den wir im Folgenden zusammenfassen.

Kulturelle Vielfalt stellt eine anthropologische Tatsache dar. Sie ist nicht nur in der Geschichte der Menschheit verankert, sondern ebenfalls in der Geschichte unserer Selbstwahrnehmung als Mensch. Wie Prof. Andrés-Gallego (2004) hervorhebt, war im römischen Reich der lateinische Begriff gens (von genus, Abstammung) gängig, um eine Gemeinschaft zu bezeichnen. Es existierte ebenfalls der Begriff Natio, der jedoch nicht so häufig verwendet wurde und auf die Fremdheit einer Person oder einer Gruppe referierte. Diese Bezeichnung hatte ihren Ursprung in dem lateinischen Homophon Natio (Geburt). Sowohl der Begriff Gens als auch der Begriff Natio wurden also schlichtweg verwendet, um menschliche Gemeinschaften zu bezeichnen, die auf Grundlage ihrer spezifischen Bräuche definiert wurden. Im Laufe der Zeit hat der Begriff Gens eine allgemeinere Bedeutung (Volk) angenommen, während der Begriff Natio, wie wir noch feststellen werden, zu einem viel späteren Zeitpunkt eine viel stärker restriktivere Bedeutung als eine Gemeinschaft der Bräuche annehmen werden wird.

Im Römischen Reich existierten ebenfalls zwei unterschiedliche Begriffe zur Bezeichnung von Orten, die in Zusammenhang zur Gemeinschaft standen: Civitas und Patria. Civitats bezeichnete einen von einer menschlichen Gemeinschaft bewohnten Ort. Er wurde von der Rechtsprechung festgelegt und referierte somit auf eine politische Realität. Der Begriff  Patria bezeichnete ebenfalls einen Ort, der von einer menschlichen Gemeinschaft bewohnt wurde, allerdings wurde er gebraucht, um eine wahrgenommene Verbundenheit zu diesem Ort auszudrücken. Somit konnte sich ein*e Bürger*in des Römischen Reichs z.B. gleichzeitig als Patriot*in seiner Herkunfts-Civitas sowie als Patriot*in Roms betrachten, das als Heimat aller Bürger*innen des Reiches angesehen wurde.

Interessanterweise setzte sich der Begriff Nation erst mit der Entwicklung der europäischen Universitäten im 13. Jahrhundert durch, um den nicht ortsansässigen Teil des Lehrkörpers und der Studentenschaft zu bezeichnen. Es war die Universität von Bologna, an der eine rasante Verbreitung dieses Begriffsgebrauchs verzeichnet wurde. Von diesem Zeitpunkt an bezeichnete der Begriff der Nation in den romanischen Sprachen die Gemeinschaft, die über Verwandtschaftsbeziehungen entsteht: Eine Bluts-, elterlich-familiäre und physische Verwandtschaft, die, wenn sie sich als Familie konstituierte, als Träger einer spezifischen Kultur fungierte. Die Nation definiert somit eine „ethnische“ Gemeinschaft, in der die Blutsgemeinschaft und die Gemeinschaft der Kultur bereits vereint sind.

Auch der Begriff der Kultur hat eine eigene Geschichte. Seine etymologischen Wurzeln liegen im Lateinischen, in dem er „Kultivierung“ und „Landwirtschaft“ bedeutete und im übertragenen Sinne die „Handlung über den Hofstaat zu walten“ bezeichnete. Bereits 1638 formulierte Bernardo Davanzati den Ausdruck Cultura Civile und verband damit die Konzepte der Kultur und der Staatsbürgerschaft (Civitas) miteinander. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Präferenz der aufklärerischen Bewegung im 18. Jahrhundert für die Begriffe civiliser und Civilisation zur Bezeichnung der Kultur einer Epoche verstehen.

Es ist interessant festzustellen, dass das Konzept der Nation als Verwandtschaftsgemeinschaft es einem Individuum in all diesen Jahrhunderten ermöglichte, Staatsbürger*in verschiedener Nationen zu sein, je nachdem, wo und wie es seine Zugehörigkeit begründete. Einem Individuum war es möglich, sich als Staatsbürger*in verschiedener Nationen aufzufassen, wenn verschiedene Verwandtschaftsverhältnisse zu ihnen bestanden. Häufig hatte die Nation die Funktion, je nach politischem Interesse flexible Gruppen zu bilden. Dies war beispielsweise auf dem Konstanzer Konzil im 15. Jahrhundert der Fall, bei dem die Teilnehmenden, sowie es in den Universitäten bereits die Regel war, in die französische Nation, die englische Nation, die italienische Nation sowie die deutsche Nation unterteilt wurden. Interessanterweise wurde unter die deutsche Nation hierbei zudem die ungarische, tschechische, polnische, dänische und schwedische Bevölkerung gefasst. Hierbei handelt es sich lediglich um ein Beispiel dafür, dass der Begriff der Nation nicht seine gegenwärtige Bedeutung hatte.

Im Gegensatz zu dieser flexiblen Auffassung entstand im 18. und 19. Jahrhundert allmählich ein restriktiver und ausgrenzender Begriffsgebrauch. Das erste Wörterbuch der Académie Française (1694) definiert die Nation als „Gruppe der Einwohner*innen, die demselben Rechtssystem unterliegen und dieselbe Sprache verwenden“. Bereits 1729 grenzt Fray Jerónimo de Feijoo die Vaterlandsliebe („love of country“) von nationaler Leidenschaft („national passion“) ab, wobei er erstere als zulässig und einforderbar, letztere hingegen als ordnungswidrig und beunruhigend einstuft. Er prangert ebenfalls mittels eines neuen Begriffes, Paisanismo, die Ausübung einer konkreten Form der nationalen Leidenschaft an, die darin bestand, bei der Bildung des Regierungsstabes Personen des eigenen Landes vorzuziehen.

Das Werk Essais sur le génie et le caractère des nations von François-Ignace d’Espiard de la Borde, das im Jahre 1743 veröffentlicht wurde, befürwortet das Vorhandensein eines Nationalcharakters, der seine Prägung im Klima und in der Geschichte erfahre. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelten verschiedene europäische Denker*nnen diese Idee des spezifischen Nationalcharakters eines jeden Volkes über Jahrzehnte hinweg weiter. 1768 veröffentlichte Justus Möser die Osnabrückische Geschichte, in der er Nation als die Gesamtheit der Bürger*innen, die in einem politischen Raum versammelt sind, definiert. Diese Definition verweist darauf, dass Nationen nicht als in sich geschlossene kulturelle Räume, sondern als weltoffen aufzufassen sind. Emmanuel J. Sièyes ergänzt in Qu’est-ce que le tiers état? (1789) die Idee der Herkunfts- und Kulturgemeinschaft um die Vorstellung, dass alle Kräfte der Nation vom Willen des Volkes ausgehen. Die Nation wird somit nicht mehr als etwas Gegebenes (Verwandtschaft) und Geformtes (Kultur) verstanden, sondern unterliegt der Entwicklung des Volkes.

Deutsche Philosoph*innen verstärkten diese Verbindung zwischen Nation, Volk und Kultur. Johann Gottfried Herder greift das Verständnis der Nation, das mit Blutverwandtschaft und Kultur verknüpft ist, in Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (1774) und insbesondere in Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (1784-1791) auf. Herderach zufolge verfüge jede Nation über einen Volksgeist, der sowohl in jedem Mitglied der Gemeinschaft als auch in der Nation Ausdruck finde; jede Nation definiere sich über eine Sprache, Bräuche sowie eine spezifische Mission in der Geschichtsschreibung.

Friedrich von Schlegel definiert die Nation in Die Entwicklung der Philosophie als einen moralischen und kulturellen Zusammenschluss, ähnlich einer großen Familie, in der eine Vielzahl an Familien und Stämmen durch eine geteilte Verfassung, Sprache sowie durch Sitten und Interessen, an denen alle teilhaben, miteinander verbunden seien. Johann Gottlieb Fichte verstärkt die Identifikation zwischen einem Volk, einer Nation und einer Kultur in seinen Reden an die deutsche Nation (1807-1808), in denen er die Nation definiert als: “[A] group of men who speak the same language: who have suffered in their vocal organ the same external influences and who cultivate their language through the communications which they never cease to have with one another. Ultimately, men are formed by language, rather than language being formed by men”. Die Nation werde daher über eine Sprache, eine Kultur und ein geteiltes Schicksal definiert. Das Bildungssystem solle daher in den Dienst der Vermittlung des nationalen Kulturgutes gestellt werden. Fichte ging einen Schritt weiter: Er war der Auffassung, dass nicht alle Nationen in gleichem Maße zu achten seien, zumal ihr Wert von dem Entwicklungsstand des moralischen und kulturellen Fortschritts abhängig sei. Auch seiner Ansicht nach seien Kulturen geschlossene Einheiten.

Dieses Konzept der Nation der Philosoph*innen der deutschen Romantik – Die Nation sei eine ethnische Gemeinschaft, der eine Seele, eine Sprache und eine notwendigerweise politische Berufung inhärent sei– wird sich weltweit verbreiten. Auch wenn viele Romantiker*innen stark kosmopolitisch ausgerichtet waren, zeigt die Geschichtsschreibung, dass einige dieser Ideen, die in einem derart spezifischen Kontext entstanden, nämlich der Forderung einer deutschen Einheit zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die Realität vieler Nationen über Jahrhunderte hinweg strukturiert haben. In ihrer perversesten Auffassung liegt dieses Gedankengut den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts sowie den rassistischen Bewegungen des 20. und des 21. Jahrhunderts   zugrunde. Im Gegensatz zu denjenigen, die diese Auffassung von Kultur und Sprache als geschlossene, an die nationale Identität gebundene Realitäten begreifen, besteht ebenfalls die Position derjenigen, die die Sprache und Kultur eines Landes als eine offene, häufig pluralistische und sich in ständiger Entwicklung befindende Realität begreifen und diese Auffassung verbreiten. In gewisser Weise führen sie die Ansätze, die vor den Auffassungen des 19. Jahrhunderts entstanden sind, fort. Es liegen unzählige historische, sprachliche und kulturelle Belege für die kontinuierliche und gegenseitige Beeinflussung unterschiedlicher Kulturen und Sprachen vor. Diese lässt sich nicht nur mit den ständigen Bevölkerungsbewegungen begründen, sondern liegt ebenfalls in der Natur des Menschen, der Kultur und der Sprachen selbst. Wenn Sie mehr über diese Aspekte erfahren möchten, möchten wir sie auf das Modul 10 zu Kultur- und Sprachmanagement in Grenzregionen hinweisen.

Aktivität

Wir möchten Sie dazu anhalten, sich die Videopräsentation der hervorragenden Ausstellung im Museo del Prado Velazquez, Rembrandt and Vermeer. Miradas afines anzusehen, die den enormen Einfluss der nationalistischen Ideologie des 19. und 20. Jahrhunderts auf unsere Wahrnehmung von Kunst offenlegt. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Rijksmuseum und 15 weiteren Leihgebenden, darunter das Mauritshuis in Den Haag, die National Gallery in London und das Metropolitan Museum in New York, realisiert wurde, versammelt 35 außergewöhnliche Werke, die das kulturelle Schaffen als offene Realität zeigen. Überlegen Sie: Welche im Video genannten Elemente zeigen, dass Kunst nationale Grenzen überschreitet?

Ausstellung: “Velázquez, Rembrandt, Vermeer. Miradas Afines” – YouTube (mit englischen Untertiteln)

Das gesamte Material der Ausstellung können Sie hier einsehen:  Velázquez, Rembrandt, Vermeer. Schöne Aussichten – Ausstellung – Museo Nacional del Prado (museodelprado.es)

(Website auf Englisch und Spanisch)

Einige Kernpunkte

Der spanische Philosoph José Ortega y Gasset (1883-1955) stellt fest: “[T]he unity of Western painting is one of the great facts that make manifest the unity of European culture”. Bei der Einheit der westlichen Malerei handle es sich also um einen der stärksten Ausdrücke der Einheit europäischer Kulturen. Somit trägt sie dazu bei, die tief verwurzelte Vorstellung der Romantik der Nation zu dekonstruieren. Ein kurzer Blick in die Literaturgeschichte bekräftigt dieses Argument: die Befassung mit dem Artus-Zyklus in der mittelalterlichen Literatur, der Renaissance, den Auswirkungen der protestantischen Reformation(en), der barocken Sensibilität, sogar der Verbreitung der deutschen Romantik selbst sowie mit dem Realismus oder der Avantgarde im gesamten Europa. Es handelt sich allesamt um Phänomene, die sich aus einer isolierten nationalen Perspektive nicht erklären lassen. Zusammengeführt mit der Erkenntnis, dass Sprachen und Kulturen einander gegenüber offen sind und sich kontinuierlich weiterentwickeln, ist Interkulturalität keineswegs als ein Aufeinandertreffen geschlossener und undurchlässiger nationaler Kulturen aufzufassen, die sich zur Verfolgung spezifischer Ziele zusammenschließen. Ein korrektes Verstehen von Kulturen im 21. Jahrhundert erfordert nicht nur ein Bewusstsein für das, was wir sind, sondern auch für all das, was das andere in uns ist.

Interkulturalität stellt somit sowohl eine Lebensweise als auch einen Prozess dar, denen ein transformativer Ansatz zugrunde liegt. Ausgangspunkt ist dabei eine Selbsterkenntnis und ein Anerkennen von Diversität und es werden Bedingungen für einen Dialog sowie interkulturelle Beziehungen geschaffen. Hierbei ist grundlegend, dass beide Seiten die Würde der anderen Kultur in gleichem Maße achten, sodass sich einander ergänzende und zukunftsfähige Lebensweisen geschaffen werden können. Dimensionen der Interkulturalität treten in allen Lebensbereichen auf, auch im persönlichen Bereich. Wir möchten Sie dazu anhalten, diese Dimension in der folgenden Aktivität zu erkunden.

Aktivität

Das Konzept der Nation der Romantik hat eine stark stereotypisierte Sichtweise auf Menschen, denen häufig der Charakter ihrer Nation zugeschrieben wird, entworfen.

  1. Überlegen Sie: Welche Stereotypen sind üblich, wenn man über Ihr Land spricht? Stimmen Sie mit denen überein, die Ihrer Erfahrung nach Ihre persönliche Identität definieren?
  2. Es ist nicht immer einfach, diese Bilder von nationaler und persönlicher Identität zu dekonstruieren. Wir empfehlen Ihnen, einen Blick auf eine Werbekampagne zu werfen, die dazu beiträgt, Stereotype dieser Art zu dekonstruieren. Sie heißt The DNA Journey und wurde von der Danish advertising company &Co und der Produktionsfirma Bacon für Momondo entworfen. Wir wünschen Ihnen viel Freude mit dem Video.
  3. Können Sie einen Aspekt des Videos nennen, der Sie überrascht hat oder für Sie interessant war?

Einige Kernpunkte

Kulturelle Stereotypen sind eine Form der Kategorisierung, die es, wie alle Stereotypen, schwierig machen, Menschen mit ihren individuellen Persönlichkeitsmerkmalen kennenzulernen. Für uns Menschen ist es einfacher, eine Beziehung zu Gleichgesinnten aufzubauen, und wir müssen lernen, mit Vielfalt umzugehen. Hier folgen einige Strategien des Diversitätsmanagements.

Die gängigsten Strategien des Diversitätsmanagements sind:

  • Leugnung: Leugnen, dass der Unterschied existiert, und so tun, als ob uns nichts unterscheiden würde. Dies mag kurzfristig wirksam sein, aber mittel- und langfristig führt dieser Umgang zu Konflikten, zumal er den anderen unsichtbar macht und die Durchsetzung des hegemonialen Modells impliziert.
  • Polarisierung: Die Beurteilung von Unterschieden als das Element, das uns definitiv vom anderen trennt. Dieser Umgang führt direkt zu einem Konflikt.
  • Minimierung: Der Fokus auf Gemeinsamkeiten als Strategie zur Minimierung ihrer Auswirkungen auf die Beziehung. Das Risiko dieser Strategie besteht darin, dass sie, wenn sie langfristig beibehalten wird, oberflächlich und unhaltbar wird.
  • Akzeptanz: Den Unterschied wahrnehmen und versuchen, seine Daseinsberechtigung und seine Folgen für die Beziehung zu verstehen. Dies erfordert von allen Beteiligten größere Anstrengungen als die vorherigen Strategien. Sie ist langfristig nachhaltig, wenn sie mit Anpassungen verbunden ist.
  • Überlassung: Wahrnehmung des Unterschieds, aber absichtlicher Verzicht auf einen wesentlichen Teil der Vielfalt, um den Aufwand für das Verständnis und die Anpassung sowie das Risiko eines Konflikts zu minimieren. Kurzfristig mag dies nützlich sein, aber langfristig führt es zur Entfremdung und schürt Konflikte.
  • Anpassung: Den Unterschied wahrnehmen und die notwendigen Änderungen in der Beziehung vornehmen, die die gemeinsamen Ziele unter Berücksichtigung der Herstellung des Neuen und des Vielfältigen zu erleichtern. Das Risiko besteht darin, dass die Anpassung, wenn sie das Kriterium der Gegenseitigkeit nicht berücksichtigt, die gemeinsamen Ziele vernachlässigt und die Fortsetzung der Zusammenarbeit auf mittlere und lange Sicht verhindert.

Aktivität

Bestimmen Sie, welche dieser Strategien in der Bildungseinrichtung (Schule oder Universität) Ihrer Nähe und in Ihrem Umfeld am häufigsten eingesetzt werden.

Eine Umsetzung der positiven kulturübergreifenden Perspektive in den oben genannten Strategien beinhaltet:

 Wissen und Selbsterkenntnis: Beide Verfahren helfen, das eigene Rassistische Denken, Widerstände sowie Vorurteile zu überwinden. Sie fördern das Selbstwertgefühl der eigenen Identität mittels des Wissens, des Respekts und der Wertschätzung des anderen.

  • Respekt: Würdevolle Behandlung, respektvolles Zuhören, uneingeschränkte Anerkennung des anderen und Akzeptanz des Vorhandenseins anderer Interpretationsmodelle der Realität, die sich von den eigenen unterscheiden.
  • Horizontaler Dialog: Beinhaltet die Entscheidung für den Dialog und die gleichberechtigte Beteiligung an diesem und erkennt an, dass keine einseitigen Wahrheiten existieren.
  • Gegenseitiges Verständnis: Strebt aktiv nach gegenseitiger Bereicherung. Danach, sich auf den anderen einzustellen und nach einer Resonanz der Vorschläge des anderen in einem selbst. Es verbessert die Empathiefähigkeit, indem man sich in die Lage des anderen hineinversetzt.
  • Synergie: Garantiert die Vielfalt bei der Zusammenstellung von Teams, diverse Beiträge und die Arbeit und den Beitrag jedes Einzelnen, in dem Bewusstsein, dass das Team mehr darstellt als eine einfache Summe der Individualitäten.
  • Komplementarität: Fördert das Zusammentreffen von Gleichheit und Vielfalt sowie Strategien, die bestehende Machtasymmetrien in gegenseitige Vorteile umwandeln.

Aktivität

Können Sie Praktiken in Ihrem Umfeld ausmachen, die jeweils jeden der oben aufgeführten Werte fördern?

 

An dieser Stelle möchten wir Sie auf ein Video von der Fundación Futuro Latinoamericano: ¿Qué es la interculturalidad? – YouTube. hinweisen, um mehr über diese Kompetenzen zu erfahren. Zeigt das Video neue Strategien oder Werte auf?

Einheit 1.3. Interkulturalität im Management von Teams voraussetzen

Wie wir gesehen haben, stellt ein positiver Umgang mit der menschlichen und kulturellen Vielfalt eine der größten demokratischen Herausforderungen dar. Diese Herausforderung besteht nicht nur in Bezug auf die interne Vielfalt – die die der Bürger*innen des Landes – sondern ebenfalls in Bezug auf die externe Vielfalt – die der Einwanderer*innen, die in das Land kommen. Wie wir bereits in der Tabelle in Abb. 3 gesehen haben, müssen wir sorgfältig analysieren, ob die Verwendung eines jeden Begriffs mit der Ausübung der damit verbundenen Rechte verbunden ist. Wir beschäftigen uns nun mit den Modellen dieser Tabelle, um Erkenntnisse über die Art und Weise des Managements von Teams zu gewinnen.

Die aktuelle Forschungsliteratur führt drei Modelle im Umgang mit Diversität in Gruppen, Gemeinschaften, Organisationen oder Unternehmen auf: Interkulturalismus, Assimilationismus und Multikulturalismus. Dem Europarat zufolge sei der Interkulturalismus ein Ansatz, der das Potenzial der Diversität als Ausgangspunkt und als Ziel des Aufbaus moderner Städte nutze. Das assimilatorische Modell priorisiert Gleichheit gegenüber der Achtung der Diversität. Der Multikulturalismus rückt die kulturellen Unterschiede in den Vordergrund, während der Zusammenhalt mit anderen Gruppen in den Hintergrund tritt.

Aktivität

Im Gegensatz zu assimilatorischen oder multikulturellen Modellen zielt eine interkulturelle Gesellschaft (und zielen somit auch interkulturelle Teams) darauf ab, Gleichheit und sozialen Zusammenhalt herzustellen, indem sie Diversität als Bereicherung für Gesellschaften/Teams würdigt, sich an ihr erfreut und sie nutzt. Sie können mehr über dieses Konzept erfahren, wenn Sie sich das Video Modul 2 – Interkulturelle Integration verstehen – Programm Interkulturelle Städte (coe.int) ansehen. Welche der Elemente, die in Bezug auf Städte relevant sind, könnten Sie auf die Arbeit in Teams in den Bereichen übertragen, in denen Sie leben, studieren oder arbeiten?

Vor diesem Hintergrund können wir die interkulturelle Integration als einen „politischen Rahmen zur Herstellung von sozialem Zusammenhalt, Gleichheit und Entwicklung in kulturell diversen Gesellschaften“ definieren. Dieser politische Rahmen findet seine aktivistische Umsetzung in Maßnahmen des Teammanagements, die auf die soeben genannten Werte gestützt sind. Ein interkulturelles Umfeld wäre demnach ein Umfeld, in dem die wirtschaftlichen, sozialen, bürgerlichen sowie kulturellen Rechte aller Menschen unabhängig von ihrem kulturellen Kontext anerkannt und respektiert werden. Hierbei würde das Ziel verfolgt werden, den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Gemeinschaft zu entwickeln, in der sie Anwendung finden.

Denkanstoß

Aus einer kritischen Perspektive heraus könnten wir feststellen, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt, Gleichheit sowie Entwicklung nicht exklusiv in demokratischen Gesellschaften gelten. Autokratische oder totalitäre Regimes sind stark von gesellschaftlichem Zusammenhalt und Gleichheit gezeichnet, sodass sich die Frage stellt, was den sozialen Zusammenhalt in demokratischen Gesellschaften auszeichnet. Betrachten wir hierzu die Bedeutung von Interkulturalität in der Entwicklung von sozialem Zusammenhalt.

Einheit 1.4. Sozialen Zusammenhalt aus Perspektive der Interkulturalität neu denken

Wir können interkulturelle und mehrsprachige Prinzipien in unser aktivistisches Handeln und in unser Team-Management integrieren, aber wie können wir diese Werte auch innerhalb der Gemeinschaft, in der wir tätig werden, fördern? Hier sind einige soziale Strategien, die den interkulturellen sozialen Zusammenhalt fördern. Es handelt sich bei allen von ihnen um ideale Orte, an denen sich aus Perspektive der Interkulturalität sowie der Mehrsprachigkeit sozial verantwortliches Handeln ausüben lässt. Versuchen Sie, diese oder ähnliche Praktiken in der Umgebung, in der Sie leben, studieren oder arbeiten, wiederzufinden:

 

 

  • Schaffen und Erleichterung des Zugangs zu Räumen, die die Interaktion und Beteiligung von Menschen fördern.
  • Dienstleistungen und Initiativen zur Förderung einer neuen Gesellschaft, die sich an alle Arten von Menschen, sowohl Einheimische als auch Migrant*innen, richten und den Fokus nicht nur auf die Migrant*innen legen, sondern auch die persönlichen und gruppenspezifischen Fähigkeiten der Aufnahmegesellschaft stärken.
  • Pluralistische Nachbarschafts- und zivilgesellschaftliche Initiativen, die durch Strategien zur Stärkung der Vernetzung gefördert werden.
  • Integrative, mehrsprachige und multimodale institutionelle Kommunikationsstrategien, die das Recht auf Information für alle Bürger*innen sicherstellen.
  • Ein universelles und kostenfreies Bildungssystem, das interkulturelle Koexistenz, Respekt, Gleichheit, Gerechtigkeit und Vielfalt als Werte fördert.
  • Initiativen zur Konfliktbewältigung, die über die Kultur der Justizialisierung hinaus eine restaurative Kultur fördern, d.h., die Konfliktprävention, Begleitung, Annäherung, Lösungsvorschläge mit restaurativen Alternativen zu ausschließlich strafrechtlichen Lösungen, Verantwortung für den Schaden und dessen Wiedergutmachung in Betracht ziehen. Eine Behandlung des Konflikts, die das Opfer in den Mittelpunkt des Prozesses stellt, aber auch die Wiedereingliederung der Täter*innen in die Gemeinschaft in Betracht zieht.
  • Strategien zur Erkennung, Verhinderung und Bekämpfung von Diskriminierung mit Unterstützungsräumen und Protokollen, die transparent und der gesamten Gemeinschaft bekannt sind.
  • Politische Maßnahmen, Räume und Dynamiken, die Religions- und Weltanschauungsfreiheit garantieren und ethische Werte für das Gemeinwohl fördern.
  • Geschäfts-, Beschäftigungs- und Einstellungspolitik, die eindeutig interkulturell ausgerichtet ist.
  • Öffentliche Dienste, die transversal für den Umgang mit Vielfalt sensibilisiert sind und deren Personal im Hinblick auf interkulturelle Werten geschult ist.

Aktivität

Können Sie Umgebungen oder Situationen in Ihrer Nähe identifizieren, in der die interkulturelle Perspektive umgesetzt wird? Können Sie ihre Stärken und ihren  Verbesserungsbedarf identifizieren? Welche der letztgenannten Strategien wären für eine Maßnahme des sozialverantwortlichen Handelns denkbar? Welche Ideen oder Ressourcen könnten helfen, sie umzusetzen?

Denkanstoß

Der Pädagoge Rich Russo postete in den sozialen Netzwerken am 29. September 2020 Abb. 4 mit einem berühmten Zitat des Aktivisten Arthur Chan: Stimmen Sie mit diesem überein?

Der abgebildete Satz lautet: "Diversity is a fact. Equality is a choice. Inclusion is an action. Belonging is an outcome." (Diversität ist eine Tatsache. Gleichheit ist eine Wahl. Inklusion ist eine Handlung. Zugehörigkeit ist ein Ergebnis).
Abb. 4. Quelle: https://www.facebook.com/TEITRDT/photos/a.218024488389450/1468500933341793/?type=3

Der Europarat fordert, dass interkulturelle Integration in demokratischen Gesellschaften keine Wahl[1], sondern eine Verpflichtung darstellen sollte. Zumal alle Gesellschaften vielfältig seien, handle es sich bei einem konstruktiven Umgang mit dieser Vielfalt, in Übereinstimmung mit der Garantie der Reche aller Bürger*innen, um eine unumgängliche Aufgabe.

[1] Um sich intensiver mit den Fundamenten demokratischer Gesellschaften zu befassen, empfehlen wir, das Democracy Kapitel des Handbuches des Europarats zu Human Rights Education with Young People zu konsultieren

Aktivität

Die Ausübung der demokratischen Rechte als Staatsbürger*in beinhaltet ebenfalls die Ausübung interkultureller Kompetenzen. In dem folgenden Video Competencias básicas para una ciudadanía democrática: Competencias básicas para un ciudadanía democrática: Competences for democratic culture” des Europarats werden einige dieser Kompetenzen beschrieben. Halten Sie die verschiedenen vom Europarat genannten Kompetenzen fest. Welche dieser Kompetenzen stufen Sie in Ihrem Umfeld als besonders relevant ein?

Einheit 1.5. Demokratie und Interkulturalität

Wie der portugiesische Soziologe des Zentrums für Sozialstudien der Universität Coimbra, Boaventura de Sousa Santos, konstatiert, handelt es sich bei Demokratien um ein unabschließbares Projekt. Die heutigen Gesellschaften sind daher vielfältig und entwickeln sich stetig weiter. Sowohl interne Faktoren (die demographische, ökonomische, politische sowie kulturelle Zusammensetzung) als auch externe Faktoren (internationale Beziehungen, menschliche Mobilität, globale Krisen, etc.) tragen hierzu bei. Es ist daher notwendig, sich bewusst zu machen, dass nicht nur das Konzept der Kultur und der nationalen Identität, sondern ebenfalls das Konzept der Demokratie selbst an diese neuen Realitäten angepasst werden muss, wobei zudem ausgehend von der Interkulturalität gedacht werden muss. Hören Sie sich die Aussagen im folgenden Video an und beantworten Sie die folgenden Fragen.

Aktivität

Welche neuen Konzepte stellt dieser Experte vor? Worin bestehen seine Vorschläge zur Verbesserung der Demokratie? Welche Ideen würden Sie vorschlagen, um die Demokratie aus einer interkulturellen Perspektive anstelle aus einer monokulturellen Perspektive heraus zu demokratisieren?

Bevor Sie zu Einheit 2 übergehen, schlagen wir vor, dass Sie das Quiz zur Einheit 1 ausprobieren!

Einheit 2: Schlüssel einer Gestaltung aktivistischer Maßnahmen mit Rückgriff auf eine interkulturelle und mehrsprachige Perspektive

Grundlegende Konzepte:

Eine sozialverantwortliche Handlung stellt eine Handlung oder ein Projekt dar, das auf freiwilliger nicht gewinnorientiert Basis von Einzelpersonen oder Gruppen durchgeführt wird, um einen sozialen- oder einen Wertewandel zu erreichen, der dem Wohl der Allgemeinheit dient. In der Regel beinhaltet sie eine Konfrontation mit etablierten Kräften (ökonomischen, politischen, aus dem Bereich der Bildung etc.).

 

Ein Aktivismus, der auf Grundlage einer interkulturellen und mehrsprachigen Perspektive entwickelt wurde:

  • Ist auf Menschen ausgerichtet- und nicht auf Ideen oder die Nation- und ist Teil der Gemeinschaft, in die er eingebettet ist. Ihm muss ein umfassendes Verständnis der Lebensrealität, der Bedürfnisse und der Diversität der Gemeinschaft und der beteiligten Menschen vorrausgehen.
  • Muss ausreichende mehrsprachige Kommunikationsstrategien integrieren, um allen Beteiligten eine Stimme zu geben.
  • Verbindet die Kraft des Handelns mit der transformierenden Kraft dessen, was Gadamer als „genuine dialogue“ (einen echten Dialog) definiert. Hierbei heißt es: “‘genuine dialogue’ has the potential to be transformative and should embrace qualities such as respect, trust, openness and freedom of expression” (Gadamer 1975). Zudem ermögliche es diese Form des Dialoges, schwierige Gespräche zu führen. Mehr darüber, wie dies funktioniert können Sie hier.
  • Identifiziert Vorurteile und spricht sie an, um sie abzubauen, anstatt sie zu vermeiden und vermittelt wirksame Strategien, um dies zu erreichen. Hier können Sie mehr über die Strategien lesen, die in Abb. 5 aufgeführt sind.
Image 5. Design strategies: the conceptual notion of intermediate knowledge. The colors express the relationship between theory and practice for each strategy. Source: Ramírez et al., 2022
Abb. 5. Gestaltungsstrategien: der konzeptionelle Begriff des Intermediary Knowledges. Die Farben zeigen den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis jeder Strategie auf. Quelle: Ramírez et al., 2022.

Aktivität

Auf Seite 2208 der empfohlenen Lektüre werden die einzelnen Gestaltungsstrategien beschrieben und mit einfachen Beispielen versehen (z.B. gemeinsame Musikinteressen erkennen und Spotify-Playlisten teilen). Nennen Sie zehn einfache Beispiele aus dem täglichen Leben, die einer oder mehreren der beschriebenen Strategien entsprechen.

Ein auf die Menschen ausgerichteter Aktivismus ist wirksam, wenn er folgendermaßen gestaltet     ist:

  • Handlungsfähigkeit: Stärkung der Handlungsfähigkeit jedes Einzelnen, so dass er/ sie sich der Verantwortung seiner/ ihrer Gedanken und Handlungen bewusst wird und die Fähigkeit erlangt, sich zu vernetzen;
  • Zugang: Gewährleistung eines einfachen Zugangs zu Technologien, die für einen Wandel erforderlich sind:
  • Handlung: Identifizierung von Lösungen, die die Teilnahme an Maßnahmen erleichtern, die zu diesem Wandel führen. Lesen Sie hier mehr dazu.

Aktivität

Denken Sie über die Strategien nach, die Sie in den zehn Beispielen der vorangegangenen Übung entwickelt haben: Welche von ihnen erfüllen die drei Prinzipien, die einen menschenzentrierten Aktivismus garantieren? Sollten Sie eine von ihnen verändern, um eine stärkere Menschenzentrierung zu erreichen?

Wie wir in Einheit 1 gesehen haben, kann die im 19. Jahrhundert erschaffene enge Verbindung zwischen der Nation, der Sprache und der Kultur ein Hindernis in der Einbringung einer interkulturellen Perspektive in aktivistische Maßnahmen darstellen. Nicht immer ist es der Gebrauch von Worten, der sich als bester erster Schritt erweist. In vielen Fällen ist Kunst die beste Sprache des Aktivismus. Künstlerischer Ausdruck existiert in allen Kulturen, wenn auch Unterschiede in seinen Formen bestehen. Dies erlaubt es uns, von Kunst als eigenständige Sprache zu sprechen.

Imagen 6. Source "Banksy loses battle with card firm to keep trademark for his famous Flower Thrower piece", The Scottish Sun
Abb. 6. Quelle: “Banksy loses battle with card firm to keep trademark for his famous Flower Thrower piece”, The Scottish Sun

Das Konzept des Artivismus bringt Aktivismus und Kunst zusammen. Für Artivist*innen stellt Kunst eine Sprache dar, die es ermöglicht, Ideen zu kanalisieren, die einen sozialen Wandel bewirken. Wie Riemschneider und Grosnick (1999) betonen, liegen seine Ursprünge in der künstlerischen Avantgarde der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts (Dada, Futurismus, Surrealismus) und in ihren neuen Formaten: Performance, Happening, Körperkunst, Land Art, Videokunst oder Konzeptkunst. Der Artivismus wird nicht als Opposition aufgefasst, die mit dem System interagiert, dem sie sich entgegenstellt, sondern sucht nach alternativen Narrativen mittels künstlerischer Ressourcen wie Humor, dem Gebrauch von Ironie oder der Metapher. Der Artivismus nutzt alle künstlerischen Disziplinen, arbeitet jedoch vorrangig mit Techniken der bildenden Kunst und im städtischen Umfeld.

Ein wesentlicher Faktor des Artivismus in Bezug auf die interkulturelle und mehrsprachige Perspektive liegt in dem Merkmal, das der Artivismus von der Konzeptkunst übernommen hat: Interessant ist nicht der Wert des Produkts selbst, sondern sein Entstehungsprozess. Der Artivismus versteht den künstlerischen Ausdruck als eine Sprache der Reflexion und der Verteidigung, legt aber besonderen Wert auf die Lehren, die aus der Art und Weise der Gestaltung und Ausführung des Eingriffs gezogen werden.

Es handelt sich beim Artivismus um eine spannende Welt, die jedoch den Rahmen dieses Moduls sprengt. Wenn Sie mit einfachen Formen einen Einstieg in den Artivismus finden wollen, empfehlen wir Wicked Arts Assignments: Practising Creativity in Contemporary Arts Education, herausgegeben von Emiel Heijnen und Melissa Bremmer. Einige zentrale Kapitel können Sie hier lesen.

Zudem besteht eine Reihe von artivistischen Initiativen, die Sie im Internet ausfindig machen können, wenn Sie nach „Artivismus“ suchen. Beispielsweise empfehlen wir Ihnen, die Humans in the EU website zu besuchen. Lesen Sie die Präsentation auf der Website und finden Sie heraus, wie ein menschenzentrierter, interkultureller und mehrsprachiger Ansatz in das Denken integriert wurde.

Ein weiteres großartiges Beispiel stellt Street Art Cities dar. Es handelt sich um eine artivistische Initiative, die einmal jährlich einen Wettbewerb zur Wahl des besten Graffitis der Welt veranstaltet und dabei eine offene Teilnahme an Nominationen sowie an der Auswahl des Gewinners/ der Gewinnerin ermöglicht, die aus einer Vielzahl von beeindruckenden Werken, die eine breite Palette von Themen abdecken, in ihrer jeweiligen Kategorie ausgezeichnet werden. Hier können Sie sich die ausgezeichneten Werke verschiedener Ausgaben des Wettbewerbs anschauen.

Aktivität

Wir hoffen, dass diese Beispiele Sie dazu anregen konnten, Ihre Umwelt auf eine andere Art und Weise zu entdecken, indem Sie Kunst als eine Form des Ausdrucks, der Verteidigung und der Erinnerung nutzen. Wir schlagen nun die folgenden Aktivitäten vor:

  1. Finden Sie artivistische Personen oder Kollektive in Ihrem Umfeld. Mit welchen Themen beschäftigen sie sich?
  2. Wie Sie sehen, ist Artivismus eine Kunst, die vor allem im städtischen Umfeld zum Ausdruck kommt. Wir möchten Sie dazu anhalten, ein digitales Album mit Fotos von artivistischen Initiativen in Ihrer Stadt zu erstellen.
  3. Wenn das Album fertiggestellt ist: Was sind die Themen, die Sie in Ihrem Umfeld am meisten beschäftigen? Stimmen Sie ihnen zu oder gibt es andere Themen, die Ihnen wichtiger erscheinen?

Bevor Sie zu Einheit 3 übergehen, schlagen wir vor, dass Sie das Quiz zur Einheit 2 ausprobieren!

Einheit 3: Leitlinien für die Gestaltung interkultureller und mehrsprachiger sozialverantwortlicher Handlungen

Diese Einheit wird Sie durch die Planung Ihrer eigenen aktivistischen Maßnahme führen. Sie werden drei Methoden kennenlernen, die Ihre Projektplanung vorbringen werden. Zudem werden Sie verschiedene Arten von Aktionen, die für Ihre Ziele geeignet sind, und Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, bewerten.

Methodiken für einen Wandel

Wir schlagen eine Methodik vor, die die Vorteile von vier Ansätzen in einer sich ergänzenden Weise zusammenführt. Service-Learning (Lernen durch Engagement), Design Thinking, Design for Change und Moonshot Thinking. Sie alle verfolgen das Ziel, Lösungen für Herausforderungen zu entwickeln. Wie Sie Tabelle 1 entnehmen können, unterschieden sie sich in der Anzahl ihrer Phasen und in ihrem Schwerpunkt (einige verfügen über einen kreativeren Sprachgebrauch als andere), jedoch verfügen sie in einer Sichtweise, die auf eine Ergänzung der Ansätze abzielt, über einen reichhaltigen Entwurf.

Die Methode des Service-Learnings blickt auf eine lange Tradition zurück. Ihr Vorteil gegenüber anderen Methoden besteht darin, dass sie sich ausgezeichnet in sowohl formelle als auch informelle Lehr-Lernumgebungen integrieren lässt, zumal der Aspekt des Lehrplans ideal in ihre Gestaltung integriert ist. Die Tatsache, dass diese Methode bereits von vielen Bildungsinstitutionen und Einrichtungen des dritten Sektors als bewährte Praktik empfohlen wurde, erleichtert ihre Einführung in neuen Kontexten. Wir stellen hier eine detaillierte Beschreibung zur Verfügung, um ihre Präsentation in Bildungszentren zu erleichtern.

Design Thinking stellt die Methode dar, die am weitesten außerhalb des Bildungskontexts verbreitet ist. Bei ihrer Entwicklung wurden neben dem Aufzeigen von fünf Schritten drei wesentliche Schlüssel festgelegt, die in alle nachfolgenden Methoden eingeflossen sind: Kreativität, Multidisziplinarität und Teamarbeit.

 Design for Change ist eine Weiterentwicklung des vorherigen Ansatzes, führt jedoch erfolgreich die Schwerpunktsetzung ein, nicht nur zum Handeln oder zur Lösung eines Problems angeleitet zu werden, sondern ebenfalls die Wurzel des Problems zu erfassen und auf dieser Basis Veränderungen vorzunehmen. Zu diesem Zweck beinhaltet die Methode Elemente des systemischen Wandels, die aus der Perspektive von Aktivist*innen als sehr interessant erweisen, da sie darauf abzielen, im Laufe der Zeit nachhaltige Veränderungen durch einen globalen und multilateralen Ansatz zu bewirken. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Die Moonshot-Methode besteht darin, zuerst an das vermeintlich Unmögliche zu denken und dann alles Notwendige zu tun, um es zu ermöglichen. Die Methode basiert auf der Beobachtung, dass unterschiedliche Ideen, die zum Zeitpunkt ihres Entstehens als unmöglich oder gar vollkommen verrückt erachtet wurden, nicht nur umgesetzt, sondern der Menschheit große Fortschritte verschafft haben. Ein Prototyp hierbei ist die Idee, zum Mond zu fliegen, die von J.F. Kennedy im Jahre 1964 formuliert wurde, als noch keine Technologie verfügbar war, um dies umzusetzen. Das Formulieren eines klaren Ziels ermöglichte eine Reihe von Entwicklungen, die die Ankunft der Menschen im Weltall und alle daraus abgeleiteten Technologien möglich machten (dies übrigens mit den entsprechenden ethischen Dilemmata). Zur Verfolgung unserer Zwecke heben wir als Aktivist*innen einige der interessantesten Merkmale dieser Moonshot-Methode hervor:

  • Auf der einen Seite geht sie neue Wege: Sie sucht nach disruptiven Innovationen, hält sich also nicht an das Bestehende und lädt dazu ein, nach radikalen Lösungen zu suchen, so unmöglich diese auch erscheinen mögen;
  • Auf der anderen Seite denkt sie in großen Dimensionen: Sie bedient sich eines exponentiellen Denkens, das dazu einlädt, exponentielle Verbesserungen zu entwickeln (Verbesserungen, die eine Multiplikation von x10 bedeuten) und keine summativen Verbesserungen (Verbesserungen, die eine Addition von +10 bedeuten). Hier erfahren Sie mehr.

Service Learning, Design for Change und Moonshot sind allesamt als offene Innovationsmethoden konzipiert, d.h., sie schaffen Synergien durch die Verknüpfung von internem Wissen und Ressourcen (die unserem Team oder Organisation bereits vorhanden sind) und externen Ressourcen (die wir bei Partner*innen suchen müssen). Das Konzept der offenen Innovation verdanken wir Henry Chesbrourgh, wobei uns ein kritischer Blickwinkel erlaubt, festzustellen, dass die Idee, sich auf das zu verlassen, was man hat und nach dem zu suchen, was man braucht, seit Beginn der Menschheit existiert.

Wir möchten Sie dazu anhalten, über das Konzept des systemischen Wandels nachzudenken. Bill Drayton äußerte: “Social entrepreneurs are not content to just give the fish or teach the fish, they will not rest until they have revolutionized the fishing industry.” Aktivistische Interventionen auf der Grundlage des Konzepts der Transformation zu entwickeln ist wesentlich, wenn wir in unserer Gesellschaft, anders als Feuerwehrleute, nicht bloß das akute Feuer bekämpfen, sondern eine nachhaltige Veränderung bewirken wollen. Sehen Sie sich dieses Cuadernillo de cambio sistémico para emprendedores sociales (Systemic Change Booklet for Social Entrepreneurs) von der Ashoka Fundation an.

Aktivität

Welche Elemente der einzelnen Methoden sind Ihrer Meinung nach am interessantesten?

In der folgenden Tabelle werden die in den einzelnen Methoden vorgeschlagenen Phasen miteinander verglichen. In der Spalte “BOLD-Methode” sehen Sie den Ansatz, der sich aus der Summe der Methoden ergibt, die sich als am besten bewährt haben.

Service-Learning

Design thinking

Design for change

Moonshot

BOLD Methodology

Analyse

 Einfühlungsvermögen zeigen

Fühlen

Denken

Fühlen und Einfühlungsvermögen zeigen

Planung

Definieren

Vorstellungskraft nutzen

Identifizieren

Vorstellungskraft nutzen und definieren

 

Gestalten

 

Visualisieren

Gestalten und Visualisieren

 

Prototypen entwickeln

 

Prototypen entwickeln

Einen differenzierten Prototypen entwickeln

Entwicklung

 

Handeln

Durchführen

Handeln und Dokumentieren

 

 

 

Begleiten

Begleiten

Evaluation

Evaluieren

 

 

Differenziert evaluieren

Feiern

 

 

 

Feiern

 

 

 

Messen

Messen

 

 

Teilen

 

Teilen/übertragen

 

 

Evaluieren

 

Neu bewerten

Tabelle 1. Vergleich von Methoden

Die Vorgehensweisen, die sich am besten bewährt haben, ermöglichen es uns, unser eigenes Verfahren zu entwickeln. Dieses werden wir BOLD-Methodik nennen.

  1. Fühlen und Einfühlungsvermögen zeigen: Versetzten Sie sich in die Perspektive des anderen hinein, der/ die in das involviert ist, das Sie verändern wollen. Erlauben Sie es sich, alle bestehenden Perspektiven und Befindlichkeiten zu verstehen und nachzuempfinden. Worin besteht die Realität, die sie herausfordert? Wer ist betroffen und wie? Welche Bedürfnisse bestehen? Welche Interessen, Motivationen und Einflussfaktoren sind gegeben? Nehmen Sie in sich oder in ihrem Leben einen Ansatzpunkt wahr (Ideen, Ressourcen, Menschen), der helfen kann? Was sagt Ihnen Ihr Verstand und was sagen Ihnen Ihre Gefühle in Anbetracht dieser Situation? Fällt uns eine Möglichkeit ein, einzugreifen? Würde es sich um einen einmaligen, einen kurzfristigen, einen mittelfristigen oder einen langfristigen Eingriff handeln?
  1. Vorstellungskraft nutzen und definieren: Denken Sie nicht ausschließlich an die Maßnahme, sondern ebenfalls an den Wandel auf Systemebene, mit dem diese Herausforderung bewältigt werden kann. Wobei würde es sich um eine Lösungsstrategie handeln, der eine wahrhaftige Veränderung bewirkt? Helfen Sie sich gegenseitig auf die Moonshot-Weise, also ohne Ihrer Vorstellungskraft jegliche Limitierungen zu erteilen. Sobald Sie die Daten gesammelt haben, arbeiten Sie an einer Ausgangsdefinition für Ihren Lösungsansatz: Was, Wann, Wie, Wo, Für wen, Warum?
  1. Gestalten und Visualisieren: Visualisieren Sie diese Lösungsstrategie, indem Sie alle Faktoren in Ihre Vorstellung einbeziehen, die Sie sich vorstellen können. Das Visuelle hilft dabei, sich zu fokussieren und die Ideen zu konkretisieren. Die detaillierte Visualisierung dessen, was sich die einzelnen Mitglieder des Teams vorstellen, hilft dabei, Krisen im Verlauf des Prozesses präventiv entgegenzuwirken.
  1. Einen differenzierten Prototypen entwickeln: Entwickeln Sie den Prototyp in drei Stufen:
    1. Was ist erforderlich, um diese Lösungsstrategie in zehn Jahren umzusetzen? Was sollte in diesen zehn Jahren geschehen sein?
    2. Was sollte in fünf Jahren geschehen sein?
    3. Was sollte das Ziel sein, das in einem Jahr erreicht sein sollte?

Kann das für das erste Jahr festgelegte Gesamtziel in kleinere Ziele unterteilt werden? Können wir quantifizieren oder angeben, wie wir messen werden, ob dieses Ziel erreicht wurde? Welche Aktivitäten sind damit verbunden? Welche menschlichen Fähigkeiten werden im Team benötigt? Über welche dieser Eigenschaften verfügen wie und welche sollten wir einstellen oder ablegen Welche Ressourcen werden benötigt? Welche Indikatoren legen wir fest, um die Aktion als Erfolg oder Misserfolg zu bewerten ist? Dieser Prozess muss differenziert in dem Sinne sein, dass er die Perspektive und die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt. Es ist wichtig, in diesem Schritt zu bedenken, dass, wenn es sich um Service-Learning in einem akademischen Umfeld handelt, in dieser Phase auch die Lernziele und Aktivitäten im Rahmen des akademischen Curriculums entworfen werden müssen.

  1. Handeln und Dokumentieren: Legen Sie los. Führen Sie die geplanten Aktivitäten auch wie geplant aus. Wichtig ist, dass Sie zusätzlich zu der Ausführung in dieser Phase den Prozess dokumentieren. Über diesen Aspekt können Sie im Modul C „Maker culture and fab innovation“ mehr erfahren. Dokumentationen stellen, wenn sie auch mühsam sein mögen, die besten Weg dar, um sicherzustellen, dass wir in der Lage sind, unser Handeln mit anderen Aktivist*innen und Gemeinschaften systematisch zu teilen. Zudem ermöglicht es uns die Dokumentation des Prozesses, diesen besser zu evaluieren, zu wiederholen und ggf. zu erweitern.  Das schriftliche Festhalten jeder Phase des Prozesses erleichtert außerdem  die Anpassung an neue Kontexte und bietet die Möglichkeit, potenzielle Expert*innen und/oder Mentor*innen für den Anwendungsbereich und die Umsetzung des Projekts in anderen Kontexten zu finden.
  1. Differenziert Evaluieren: Evaluationen sind ein zentraler Teil des Prozesses, da sie es ermöglichen, Erfolge festzustellen, Lehren aus diesen zu ziehen, Fehler zu überprüfen und Verbesserungsmöglichkeiten zu entwickeln. Wichtig ist, in diesem Schritt zu bedenken, dass die Erfahrung, wenn es sich um Service-Learning in einem akademischen Umfeld handelt, in dieser Phase auch, wie geplant, im Rahmen des akademischen Programms evaluiert werden muss. Welche Daten liegen uns zu den festgelegten Erfolgsindikatoren vor? Welche neuen Indikatoren haben sich ergeben? Haben wir das Ziel erreicht? Was sollten wir verbessern? Was hat uns auf eine positive Weise überrascht? Wie schlägt sich das Team?
  1. Feiern: Diese Phase ist in der Regel am Ende des Prozesses angesetzt und ausschließlich als teaminterne Aktivität vorgesehen. Der Wert des Feierns von Erfolgen und des Lernens kann jedoch projektübergreifend gelten. Raum zum Feiern kleiner Erfolge zu schaffen, fördert das Wohlergehen und den Zusammenhalt des Teams. Denken Sie ebenfalls daran, sozialverantwortliches Handeln nach Projektabschluss mit allen Beteiligten und der gesamten Gemeinschaft, in der es stattgefunden hat, zu feiern. Dies stärkt die Handlungsfähigkeit der Zivilgesellschaft.
  1. Teilen/ Übertragen: Die Weitergabe bewährter Praktiken ist grundlegend dafür, einen sozialen Wandel bewirken zu können. Wenn Sie die Best-Practice-Maßnahmen Ihres Teams mit denen anderer Gemeinschaften und anderen geografischen oder kulturellen Gebieten verknüpfen, hilft Ihnen dies nicht nur dabei, zu wachsen, sondern auch dabei, Ihre soziale Wirkung in dem Bereich der Herausforderung, den wir angehen wollen, zu verstärken. Das Projekt mit seinen Erfolgen und Schwachstellen zu kennen, wird den Weg anderer Aktivist*innen erleichtern. Vergessen Sie nicht, dass Ihre Dokumentation eine Open Source Quelle sein sollte, wenn Sie wollen, dass Ihre Erfahrung skalierbar ist. Die heutigen Übersetzungsapps ermöglichen es, Texte in eine Vielzahl verschiedener Sprachen zu übersetzen, so dass Ihre Erfahrung unerwartbare Teile der Welt erreichen könnte.
  1. Neu Bewerten: Ein aufrichtiges Zuhören während dieses Austauschs bietet gleichzeitig die Möglichkeit, Feedback anderer Aktivist*innen sowie Organisationen in Bezug auf Ihre eigene Arbeit einzuholen. Nutzen Sie diese Chance.

Zusätzlich zu diesen Etappen, die aus praktischen Gründen in der Tabelle als Schritte aufgeführt sind, weisen wir auf zwei Elemente hin, die für alle diese Etappen bedeutsam sind:

A. Begleiten: Während des gesamten Prozesses ist es wichtig, das Selbstvertrauen und die Fähigkeiten aller Beteiligten zu stärken, damit sie ihre eigenen Lösungsstrategien für die Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, dem jeweiligen Kontext entsprechend, umsetzen können. Der Begleitung kommt insbesondere in der Zusammenarbeit mit jungem Aktivisten*innen eine Schlüsselfunktion zu. Oftmals neigen wir dazu, zu denken, der beste Lösungsweg sei in der äußeren Umwelt zu finden: Wir übernehmen Ideen, Methoden, die Ratschläge von Expert*innen und anderen und lassen dabei das Wissen, das in der Gemeinschaft selbst und den Menschen, die ihr angehören, besteht, außen vor. Vergessen Sie nicht, jede Person im Team bei ihren Entscheidungsfindungen zu begleiten, zuzuhören, Feedback zu geben, Fragen zu stellen, zu ermutigen und zu bestärken.

B. Messen: Die Gestaltung des gesamten Prozesses mittels der Festlegung messbarer Indikatoren wird Ihnen objektive Daten über die Entwicklung und den Umfang des durchgeführten Projekts bereitstellen. Diese Indikatoren verleihen zudem den positiven und negativen Emotionen, die im Prozess entstehen, Objektivität und helfen somit bei der Bewertung aller erzielten Ergebnisse. Die Quantifizierung hilft außerdem dabei, künftige Projekte besser planen zu können und bereits durchgeführte Projekte zu skalieren und zu übertragen.

Denken Sie ebenfalls daran, dass wir gesehen haben, dass die Dokumentation und das Feiern als übergreifende Prozesse unterschiedlicher Phasen implementiert werden sollten.

Aktivität

In dieser Aktivität stellen wir einen Fall vor, der Sie in Ihrem eigenen praktischen Handeln inspirieren wird: die Arbeit von Anita Soina, einer international anerkannten Aktivistin, die auf einen integrierten interkulturellen und mehrsprachigen Ansatz zurückgreift. Lesen Sie und hören Sie sich die Informationen, die sie unter den folgenden Links finden, aufmerksam an und identifizieren Sie die wichtigsten Elemente dieses Projekts. Alle Informationen finden Sie hier:

Kernpunkte

Untenstehend finden Sie einige der Schlüsselelemente, die Sie identifiziert haben sollten. Wie Sie sehen werden, handelt es sich bei einigen von ihnen um Schlüsselelemente, die das Projekt kennzeichnen, und bei anderen um Schlüsselelemente, die dem Projekt seine Originalität und seinen Charakter verleihen:

  • Aktivistin: Anita Soina (Kenia)
  • Führungsqualitäten: mutig und kühn in Bezug darauf, Probleme zu versprachlichen und mögliche Lösungen für diese Herausforderungen gegenüber allen Gesprächspartner*innen (dem jugendlichen Umfeld, der eigenen Gemeinde, anderen Gemeinden, der politischen Klasse usw.) vorzuschlagen.
  • Bezugsgemeinschaft: die Gemeinschaft der Maasai, in der sie 1999 geboren wurde und Nord-Kajiado (Kenia), wo sie lebt.
  • Biografischer Auslöser: Der Mara-Fluss, der Fluss ihrer Kindheit, verliert aufgrund von Abholzung, Bergbau, schlechter Ressourcenbewirtschaftung und Klimawandel radikal an Wasser.
  • Formulierung des Problems, das das aktivistische Handeln motiviert: Wassersicherheit: Die schlechten Bedingungen in der Mara bedrohen die Lebensgrundlage der Hirtenvölker. Indikatoren für negative Auswirkungen: Trinkwassermangel, Verlust des Viehbestands und damit des Lebensunterhalts, Verlust von Menschenleben, Gesundheits- und Ernährungsunsicherheit, Ungleichheit in der Bildung (Frauen sind die wichtigsten Wasserträgerinnen) und Ungleichheit zwischen den Geschlechtern (Zwangsheiraten, um Ressourcen für die Familie zu sammeln) u.a.. Daraus resultierende Probleme: Hungersnöte und zunehmender Kampf um Ressourcen.
  • Geplante Lösung: Aufbau von Naturschutzkapazitäten durch Freiwillige, die Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Klimamanagement erwerben.
  • Etappen:
    • Baumpflanzungsinitiative in der Gemeinde;
    • Vereinfachtung der Sprache der Wassersicherheit und Freude, diese zu kennen und zu pflegen (veröffentlicht The Green War);
    • Vereinbarung einer Zusammenarbeit mit Senator Moses Otieno Kajwang, um kenianische Gesetzgeber*innen und Parlamentarier*innen in Umweltfragen zu schulen;
    • Rekrutierung einer Gruppe junger Menschen mit unterschiedlichem sozialem und beruflichem Hintergrund, um sie für die Auswirkungen des Klimawandels zu sensibilisieren und sie zu Beschützere*innen ihrer Umwelt zu machen (Erfolgsindikator: mehr als 400 junge Menschen in zwei Ländern);
    • Auswahl von Referenzschulen zur Verbesserung der Menstruationsgesundheit und -hygiene;
    • Erstellung von Lehrmaterial für ländliche Schulen.
  • Wirkungsbereiche: Lobbyarbeit und Bewusstseinsbildung, Klimabildung in Schulen und ländlichen Gebieten, Gesundheitssicherheit, Wasserschutz, Wiederaufforstung von Wäldern und Landschaften; sie verbinden junge Menschen in städtischen Gebieten mit Grünflächen und attraktiven Naturräumen wie Parks, Reservaten und Schutzgebieten.
  • Selbst aufgebaute Projekte:
  • Kommunikationsmittel: Green Warriors TV, Eco Tours und Adventure. Sie verleihen den Aussagen der Kinder und Jugendlichen, die an dem Projekt teilnehmen, eine Stimme und stärken sie.
  • Interkulturelle Elemente:
    • Würdigt eine Massai-Gemeinschaft, indem ihr eine Stimme zu einem globalen Thema gegeben wird (das i.d.R. ausschließlich auf Englisch dokumentiert und verhandelt wird);
    • Sprachliche Vermittlung: Eine geringe Beteiligung der Gemeinschaften resultiert häufig daraus, dass sie keinen Zugang zu Informationen haben (aufgrund der Sprache oder auf kultureller Ebene);
    • Erleichtert, dass das in den Gemeinschaften vorhandene indigene Wissen in die Daten einfließt, das als Grundlage für Entscheidungen dient;
    • setzt sich für die Entwicklung kontextbezogener Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an diesen ein;
    • Mehrsprachiger Kontext: Maasai, Suaheli, Englisch.
  • Kreativitätsbonus: Spaß ist als Kriterium beinhaltet, Verwendung einer jugendlichen Sprache (Spice Warrior) und Miteinschließen des Climate Action Champion-Verfahrens.
  • Auswirkungen: Global Youth Champion für die von den Vereinten Nationen geförderte World Sanitation and Water for All Association (SWA).
  • Allianzen zur Multiplikation der Wirkung::
    • Kenianische Parlamentarier*innen;
    • Afrikanischer Klimagipfel in Nairobi (Kenia);
    • Generalsekretär der Vereinten Nationen;
    • Weitere afrikanische Führerungskräfte.

Bevor Sie das Modul beenden, schlagen wir vor, dass Sie das Quiz zur Einheit 3 ausprobieren!